Der von der Europäischen Kommission im Jahr 2019 vorgestellte European Green Deal enthält das Ziel, bis 2050 die Nettoemissionen von Treibhausgasen in der Europäischen Union auf null zu reduzieren. Zentraler Bestandteil ist dabei die EU-Taxonomie, ein Klassifizierungssystem zur Definition „ökologisch nachhaltiger“ Geschäftsaktivitäten. Ziel ist es, auf Basis definierter Anforderungen EU-weit Wirtschaftsaktivitäten hinsichtlich ihres Beitrags zu sechs definierten Umweltzielen zu klassifizieren, um Kapitalströme in Richtung nachhaltiger Investitionen zu lenken: (1) „Klimaschutz“, (2) „Anpassung an den Klimawandel“, (3) „nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen“, (4) „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“, (5) „Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung“ und (6) „Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme“.
Berichterstattung über „ökologisch nachhaltige“ Wirtschaftsaktivitäten
Die EU-Taxonomie verpflichtet Unternehmen im Rahmen der nichtfinanziellen Erklärung zur Berichterstattung über ihre taxonomiekonformen, sprich gemäß EU-Kriterien ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten. Während sich die Berichtspflicht im Geschäftsjahr 2022 wie schon im Vorjahr lediglich auf die beiden klimabezogenen Ziele (1) und (2) beschränkt, sind neben den Anteilen der taxonomiefähigen Wirtschaftsaktivitäten bezogen auf die Umsatzerlöse, Investitionen (CapEx) und operativen Aufwendungen (OpEx) erstmals auch die entsprechenden Anteile der taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten anzugeben.
Taxonomiefähig sind solche Unternehmensaktivitäten, die mit der jeweiligen Aktivitätsbeschreibung gemäß EU-Taxonomie übereinstimmen, unabhängig von der Erfüllung der technischen Bewertungskriterien. Taxonomiekonform sind Unternehmensaktivitäten dann, wenn sie die Taxonomie-Kriterien der zugehörigen Aktivitäten erfüllen, weil sie einen wesentlichen Beitrag zum jeweiligen Umweltziel leisten (Einhaltung der technischen Bewertungskriterien), keine erheblichen Beeinträchtigungen der weiteren Umweltziele verursachen (Einhaltung der „Do no significant harm (DNSH)“-Kriterien) und die sozialen Mindeststandards („minimum safeguards“) einhalten. Bei den im Folgenden gemachten Angaben wurde der aktuelle Stand der Interpretation der Regulatorik zur EU-Taxonomie, die zum Zeitpunkt der Erstellung dieser nichtfinanziellen Erklärung als nach wie vor dynamisch einzustufen war, zugrunde gelegt.
Die im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie veröffentlichten delegierten Rechtsakte zu den beiden Umweltzielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ decken nur eine begrenzte Anzahl von Sektoren und unternehmerischen Aktivitäten ab. So konzentriert sich die Taxonomie-Verordnung bei den klimabezogenen Zielen (1) und (2) derzeit primär auf die Sektoren, die innerhalb Europas für den größten Ausstoß von CO2-Emissionen verantwortlich sind. Für Unternehmen des globalen Bekleidungsmarkts und deren primäre wirtschaftliche Aktivitäten liegen hingegen bisher keine verbindlichen Taxonomie-Kriterien für die beiden klimabezogenen Ziele vor. Daher sind auch die wirtschaftlichen Aktivitäten von HUGO BOSS und damit der Umsatz dieser Aktivitäten sowie CapEx und OpEx in Verbindung mit diesen Aktivitäten bisher weitestgehend nicht von der Taxonomie erfasst und aufgrund dessen für das Geschäftsjahr 2022 wie schon im Vorjahr größtenteils als nicht taxonomiefähig einzustufen.
Unter den wirtschaftlichen Aktivitäten, die in den bereits in Kraft getretenen delegierten Rechtsakten für die beiden klimabezogenen Ziele aufgeführt sind, finden sich jedoch solche, die für HUGO BOSS zwar nicht umsatzgenerierend, jedoch grundsätzlich von Relevanz sind, da sie die Basisinfrastruktur des Unternehmens wie etwa Immobilien oder Anlagen zur Eigenenergieerzeugung betreffen. Die Identifikation der für HUGO BOSS relevanten Aktivitäten erfolgte dabei im Rahmen eines bereichsübergreifenden Projekts zur Umsetzung der Anforderungen der EU-Taxonomie. Grundlage bildete die in den Anhängen zur delegierten Verordnung zu den zwei klimabezogenen Zielen aufgeführte Aktivitätenübersicht.
Taxonomiefähiger und taxonomiekonformer Umsatz
Da für die primären wirtschaftlichen Aktivitäten von HUGO BOSS keine verbindlichen Taxonomie-Kriterien für die beiden klimabezogenen Ziele vorliegen, weist das Unternehmen den Anteil der taxonomiefähigen und ‑konformen Umsätze im Geschäftsjahr 2022 wie im Vorjahr mit 0 % aus.
Taxonomiefähige und taxonomiekonforme Investitionen (CapEx)
Bei der Ermittlung der taxonomiefähigen und -konformen CapEx wurde auf Daten des Konzern-Controllings und des Konzern-Rechnungswesens sowie Abfragen bei wesentlichen Konzerngesellschaften abgestellt, um im ersten Schritt die Investitionsprojekte den entsprechenden Aktivitäten zuzuordnen. Folgende taxonomiefähige Aktivitäten mit Bezug zum Umweltziel (1) „Klimaschutz“, deren jeweilige Investitionssumme die von HUGO BOSS definierte Schwelle von 419 TEUR (0,1 % des weiter unten dargestellten „Nenners“) überschreitet, sind für HUGO BOSS im Geschäftsjahr 2022 finanziell wesentlich:
- 7.1. „Neubau von Gebäuden“ (Annex I der delegierten Verordnung zu den klimabezogenen Zielen): Neubau der Betriebskindertagesstätte am Firmensitz in Metzingen,
- 7.7. „Erwerb von und Eigentum an Gebäuden“: Renovierung und Ausbau eines Gebäudes (inklusive Elektro- und Klimainstallation) zur Inbetriebnahme als zusätzliche Fertigungshalle am Produktionsstandort Izmir (Türkei).
Taxonomiefähige Aktivitäten mit Bezug zum Umweltziel (2) „Anpassung an den Klimawandel“ wurden nicht identifiziert. Anschließend wurde für die genannten Wirtschaftsaktivitäten die Taxonomie-Konformität überprüft. Dabei wurde anhand der von der EU-Taxonomie vorgegebenen technischen Bewertungskriterien analysiert, inwiefern die jeweiligen Investitionsprojekte einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Bei der Renovierung sowie der Planung und dem Neubau von Betriebsgebäuden achtet HUGO BOSS grundsätzlich darauf, dass die energiebedingten Emissionen durch Energieversorgungssysteme und energieeffiziente Technologien reduziert werden. So ist HUGO BOSS bestrebt, bei allen Neubauten eigener Betriebsimmobilien diese auch mit Nachhaltigkeitszertifizierungen auszeichnen zu lassen. Für den nachhaltigen Bau der eigenen Betriebskindertagesstätte in Metzingen strebt das Unternehmen etwa ein Platin-Zertifikat der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) an. Dafür wurden beim Bau unter anderem nachhaltige Materialien verwendet, LED-Beleuchtung implementiert sowie eine Photovoltaik-Anlage installiert. Der vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie erfolgte Einbau einer mechanischen Lüftung und Kühlung führte jedoch dazu, dass die Betriebskindertagesstätte das von der EU-Taxonomie vorgegebene technische Bewertungskriterium hinsichtlich der Anforderungen an den Primärenergiebedarf nicht erfüllt. Die diesem Projekt zuordenbaren CapEx sind folglich als nicht taxonomiekonform einzustufen. Ebenso ist die im Jahr 2022 erfolgte Renovierung beziehungsweise der Ausbau der zusätzlichen Fertigungshalle in Izmir, deren Bau vor dem 31. Dezember 2020 erfolgte, als nicht taxonomiekonform einzustufen, da sich der von der EU-Taxonomie vorgegebene Nachweis zu dem entsprechenden technischen Bewertungskriterium insbesondere aufgrund fehlender nationaler beziehungsweise regionaler Referenzwerte für den Primärenergiebedarf nicht erbringen ließ. Gleichwohl ist der Produktionsstandort Izmir bereits seit 2014 nach den internationalen Normen ISO 14001 (Umweltmanagement) und ISO 50001 (Energiemanagement) zertifiziert. So bezieht HUGO BOSS dort etwa sämtliche Energie aus erneuerbaren Quellen, unter anderem mittels einer im Jahr 2022 in Betrieb genommenen Photovoltaikanlage.
HUGO BOSS hat eine Analyse physischer Klimarisiken für die bedeutendsten eigenen Unternehmensstandorte durchgeführt, die sowohl den Vorgaben der EU-Taxonomie als auch den Vorgaben der Task Force on Climate Related Financial Disclosures (TCFD) genügt. Dabei wurden auch die beiden im Rahmen der Konformitätsprüfung zu betrachtenden Projekte einbezogen. Die systembasierte Analyse beruht auf den Referenzszenarien des Weltklimarats (IPCC). Wesentliche kurz- bis mittelfristige physische Klimarisiken wurden für die beiden oben genannten Gebäude nicht identifiziert, so dass keine erhebliche Beeinträchtigung („DNSH“) des Umweltziels „Anpassung an den Klimawandel“ vorliegt. Daher sind Anpassungsmaßnahmen aus Sicht des Unternehmens zur Zeit nicht notwendig.
Auf eine Überprüfung der weiteren DNSH-Kriterien, die für die Aktivitäten 7.1 und 7.7 gefordert sind, wurde auf Basis einer Kosten-Nutzen-Abwägung verzichtet, da für die beiden Bauprojekte mangels Erfüllung der technischen Bewertungskriterien ohnehin keine vollständige Taxonomiekonformität erzielt werden konnte.
Die Einhaltung der sozialen Mindeststandards, die die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte einschließlich der ILO-Kernarbeitsnormen und der Internationalen Charta der Menschenrechte umfassen, wurde auf Konzernebene geprüft. HUGO BOSS erfüllt sämtliche der dort definierten Standards. Zusammengefasste Nichtfinanzielle Erklärung, Achtung der Menschenrechte
In Summe belaufen sich die für 2022 taxonomiefähigen CapEx in Relation zu den im abgelaufenen Geschäftsjahr insgesamt angefallenen CapEx von 419 Mio. EUR („Nenner“) auf 2 % (2021: 1 % bei einem Nenner von 257 Mio. EUR). Der Anteil der taxonomiekonformen CapEx, wiederum in Bezug auf den Nenner, beläuft sich auf 0 % (2021: keine Berichtspflicht). Gemäß Taxonomie-Verordnung umfassen die bei der Ermittlung des Nenners zugrunde zu legenden CapEx im Wesentlichen Zugänge an Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten vor Abschreibungen und Neubewertungen sowie Zugänge an Nutzungsrechten aus langfristigen Leasingverhältnissen. Der ausgewiesene Betrag ist überleitbar zu den im Zusammengefassten Lagebericht unter Finanzlage sowie im Konzernabschluss unter der Anhangsziffer 9 gemachten Angaben.
Taxonomiefähige und taxonomiekonforme Betriebsausgaben (OpEx)
Die gemäß Definition der EU-Taxonomie bei der Berechnung des Nenners zugrunde zu legenden OpEx umfassen im Wesentlichen direkte Kosten, die sich auf Forschung und Entwicklung, Gebäudesanierungsmaßnahmen, kurzfristiges Leasing, Wartung und Reparatur beziehen. Der überwiegende Teil der OpEx von HUGO BOSS, etwa in Bezug auf Vertriebs- und Marketingaufwendungen, allgemeinen Verwaltungsaufwand oder Logistikaufwendungen, bleibt bei dieser Definition folglich unberücksichtigt. Für das Geschäftsjahr 2022 beläuft sich der Nenner auf 116 Mio. EUR (2021: 87 Mio. EUR). Grundlage der Erhebung bildeten auch hier Daten des Konzern-Controllings sowie des Konzern-Rechnungswesens. In Relation zu den im Geschäftsjahr 2022 insgesamt angefallenen OpEx in Höhe von 1.921 Mio. EUR (überleitbar zu den in der Konzern-Gewinn-und-Verlust-Rechnung dargestellten operativen Aufwendungen; 2021: 1.493 Mio. EUR) stuft HUGO BOSS diese OpEx als unwesentlich ein. Folglich wird, im Einklang mit den Ausführungen im Annex I der delegierten Verordnung zu Artikel 8 der EU-Taxonomie, für das Geschäftsjahr 2022 wie im Vorjahr auf eine Ermittlung der taxonomiefähigen und -konformen OpEx verzichtet und der Anteil folglich jeweils mit 0 % ausgewiesen.
Weitere Informationen zu den taxonomiefähigen und taxonomiekonformen Anteilen von Umsatz, CapEx und OpEx sind dem Kapitel „Weitere Angaben zur EU-Taxonomie“ zu entnehmen. Weitere Angaben, Weitere Angaben zur EU-Taxonomie
Ausblick auf das Geschäftsjahr 2023
Für den Fall, dass für das Geschäftsjahr 2023 auch für die übrigen vier Umweltziele technische Bewertungskriterien vorliegen und entsprechend anzuwenden sind, geht HUGO BOSS davon aus, im kommenden Jahr insbesondere zu dem für die globale Bekleidungsindustrie besonders relevanten Umweltziel (4) „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“ zu berichten.